Die dunklen Geheimnisse der Vatikanbank [Teil 3]

Der Vatikan ist wohl der geheimnisvollste Staat der Welt. Ein winzig kleiner Bereich innerhalb Roms, auf den immer wieder eine ganze Weltreligion blickt, mal mit Schaudern, mal mit Ehrfurcht. Dieser Staat hat seine eigenen Gesetzte, seinen eigenen Führer, seine eigene Kirche und seine eigene Bank: Die Instituto per le Opere di Religione – Die Vatikanbank. Eine Institution, die ihrem Staat an Geheimnissen kaum nachsteht. Vor allem sind es dunkle Geheimnisse, die jetzt hier gelüftet werden sollen … 

Am 18. Juni 1982 wurde Roberto Calvi, Präsident der Banko Ambrosiano, tot unter der Brücke der „Schwarzen Mönche“ in London aufgefunden. Er schien sich selbst aufgehängt zu haben; seine Taschen waren mit Ziegelsteinen und Zementbrocken gefüllt. Noch am selben Tag stürzte seine Sekretärin aus dem Fenster einer Mailändischen Bank. Auch sie überlebte nicht.  

Der mysteriöse Tod des Bankiers wurde zunächst als Selbstmord angesehen, allerdings verdichteten sich die Zeichen schnell auf einen geplanten Mord. Aber von vorn: Roberto Calvi war Präsident der Banko Ambrosiano in Mailand, die zu einem großen Teil dem Vatikan unterstand. Diese Bank hatte seit Calvis Einsetzung als Präsident 1971 einen riesigen Schuldenberg von 1,3 Milliarden Dollar angesammelt, sie war absolut zahlungsunfähig. Doch diese gewaltige Summe an Schulden war brisanterweise zum größten Teil an Briefkastenfirmen in Panama und den Bahamas gegangen, danach verlor sich die Spur. Diese dubiosen Geschäfte hatten Roberto Calvi bereits ein gefährliches Gerichtsverfahren eingebracht, aber erst mit der Pleite der Bank wurde das Ausmaß der illegalen Geschäfte deutlich. Roberto Calvi hatte über mehrere Jahre gewaltige Devisengeschäfte gemacht, also Geld gewechselt und gewaschen und dieses Geld gelangte über Briefkastenfirmen überall auf der Welt in die Hände von Drogenbossen, der Mafia oder Privatpersonen. Legale Devisengeschäfte ließen sich zu dieser Zeit bei solchen Summen nicht einfach so ausführen, da es dafür in Italien strenge staatliche Einschränkungsgesetzte gab. Allerdings gab es da eine Bank, die nur bedingt unter der Aufsicht des Staates stand und das war natürlich die Vatikanbank, mit dessen Chef Calvi eng zusammenarbeitete. Doch mit der Zeit verlor Roberto Calvi den Überblick, er verzockte sich und verspielte gewaltige Summen und der Schuldenberg der Banko Ambrosiano stieg, zu einen Schuldenberg, den Calvi bald nicht mehr tragen konnte. Aus Angst vor seinen Gläubigern bat er beim Chef der Vatikanbank Paul Casimir Marcinkus, dessen Geschäftspartner bis heute mit Drogen-, Waffen- und Frauenhandel in Verbindeung gebracht werden, um finanzielle Unterstützung. Er bekam diese nicht, weswegen Calvi drohte, diese Machenschaften der Vatikanbank offenzulegen und damit diese gewaltigen Verstrickungen an die Öffentlichkeit zu bringen. Natürlich gefiel das weder dem Vatikan, noch der Mafia, daher geriet Calvi in Panik, packte sämtliche brisante Dokumente in einen Aktenkoffer und flüchtete. Es begann eine wilde Hetzjagd durch Europa, an deren Ende Calvi erhängt an der „Brücke der Schwarzen Mönche“ in London gefunden wurde. Heute vermutet man, dass er von seinem eigenen Bodyguard verraten worden ist, der ihn nach London gelockt, ihm die Aktentasche abgenommen und ihn den Mördern übergeben hatte. 

Das Geheimnis um den Tod von Roberto Calvi ist bis heute nicht vollends aufgeklärt, allerdings ist er geradezu beispielhaft für die gewaltigen Verstrickungen der Vatikanbank in dubiose Geschäfte. In den Jahren 2012/2013 kam dann auch noch ein weiterer bedeutender Skandal der Vatikanbank hinzu, die sogenannte Vatileaks-Affäre. Und auch hier spielt wieder ein einzelner Mann eine entscheidende Rolle: Paolo Gabriel, niemand Geringeres als der Kammerdiener des Papstes selbst. Er hatte höchst vertrauliche Dokumente aus dem Büro von Benedikt XVI gestohlen und diese in unterschiedlichen Zeitabständen der Presse zugespielt. Der Vatikan kam dabei wirklich schlecht weg: Die Dokumente sprechen von Korruption, Vetternwirtschaft oder „Homosexuellen Seilschaften“, welche später in dem Buch „Geheime Briefe aus dem Schreibtisch Benedikt XVI“ von Gianluigi Nuzzi veröffentlicht wurden. Paolo Gabriele wurde bald als „Täter“ ausfindig gemacht und wegen Diebstahls vom Vatikangericht zu einer 18-monatigen Haftstrafe verurteilt. Allerdings wurde Gabriele nach bereits zwei Monaten vom Papst begnadigt und übernahm eine Stelle außerhalb seines engeren Umfelds. Papst Benedikt XVI trat zwei Monate später von seinem Amt zurück; laut eigenen Aussagen sei er körperlich und geistig nicht mehr fähig gewesen, den Gläubigen gerecht zu werden, jedoch vermutet man, dass auch die Vatileaks-Affäre ihr Übriges zu seinem Rücktritt beigetragen hatte.  

Mit dem Papst Franziskus änderte sich einiges innerhalb der Vatikanbank, es wurden zahlreiche Konten geschlossen, es gab neue Sicherheits- und Überwachungsmaßnahmen, einige hohe Ämter wurden in der Bank neu besetzt und es kam zu insgesamt 200 Anklagen wegen Geldwäsche.  Besonders der Fall des Ex-Vatikanbankchefs Angelo Caloia sticht hier heraus: Er soll knapp 60 Million Euro veruntreut haben, indem er teilweise Immobilien billig an Briefkastenfirmen verkaufte, die diese dann für deutlich mehr Geld weiterverkauften. Die Briefkastenfirmen unterstanden Caloia und seinen Freunden, die den Erlös der Weiterverkäufe selbst einsteckten und somit Unsummen einnahmen. Solche Fälle treten immer wieder neu ans Tageslicht, es gibt Verfahren gegen Ex-Mitarbeiter, in denen es um Korruption, Geldwäsche oder Veruntreuung geht. Aber insgesamt beruhigt sich langsam die Situation innerhalb der Vatikanbank unter Papst Franziskus. Es wird viel über diese Fälle aufgeklärt, die Bank wird transparenter und entspricht immer mehr den Standards einer „normalen“ Bank. Doch mit der Aufarbeitung dieser Fälle ist der Vatikan wohl noch lange nicht fertig. 

Persönliche Meinung: 

Gerade der Fall von Roberto Calvi lässt einiges Ungutes erahnen, die Verbindungen, die die Vatikanbank nicht nur zu der Zeit hatte dürften sowohl auf einer christlich-moralischen als auch einer legalen Ebene als kritisch eingestuft werden. Ich persönlich würde sogar so weit gehen, der Vatikanbank zumindest eine Verwicklung in eine gezielte Ermordung von Roberto Calvi zu unterstellen, da heutzutage kaum noch jemand von einem Selbstmord ausgeht und die Situation dem Vatikan damals so außer Kontrolle geriet. Was damals wirklich passiert ist, werden wir wohl nie erfahren.  

Da bringt allerdings die Vatileaks Affäre weitaus mehr Beweise für finstere Machenschaften der Vatikanbank mit sich, da hier wirklich Dokumente direkt aus dem Vatikan veröffentlicht wurden. Gerade das Thema Geldwäsche wurde mit der Vatikanbank sehr häufig in Verbindung gebracht, da auch ihre Möglichkeiten dafür so optimal waren. Bis vor Kurzem war diese Bank noch kaum staatlich überwacht, sie musste sich nicht an so strenge Gesetzte halten wie andere Banken und sie konnte ganz einfach riesige Geldmengen verschieben, die nicht selten in Privattaschen, Briefkastenfirmen oder die Mafia flossen. Umso wichtiger finde ich persönlich daher die Arbeit von Papst Franziskus, der die Bank geradezu grundlegend reformiert hat, und sie ein gutes Stück transparenter gemacht hat. Bis heute läuft natürlich noch längst nicht alles gut in der Vatikanbank, aber ich denke, dass sie unter Papst Franziskus auf einem besseren Weg ist, auch wenn sie noch einiges aufzuarbeiten hat. Besonders schön fand ich persönlich übrigens den Kommentar von Papst Franziskus während einer Predigt, dass der heilige Petrus kein Konto besessen habe! 

von Marius Menschick