Im Namen des Herrn – Das FINALE

In den vergangenen fünf Artikeln haben wir uns intensiv mit der katholischen Kirche auseinandergesetzt, haben fünf Themen genau unter die Lupe genommen und bearbeitet. Zeit, ein Resümee zu ziehen: Ziel dieser Serie war es, den Lesern ein breiteres Bild über die katholische Kirche zu vermitteln, sodass sich jeder seine eigene Meinung bilden kann. Ich kann nur hoffen, dass das weitestgehend funktioniert hat, aber ich kann zumindest von meiner Seite aus behaupten, dass es mir viel Spaß bereitet hat, diese Artikel für euch zu verfassen. Allerdings muss ich auch eingestehen, dass ich mir während meiner Arbeit immer wieder folgende Frage gestellt habe: Warum mache ich das hier überhaupt?  Und die Antwort auf diese Frage fand ich in gewisser Weise erschreckend: Weil es niemand anderes macht!  

Wenn ich an der Stelle einmal kurz ausholen darf: Seit der ersten Klasse haben wir jede Woche zwei Schulstunden Religionsunterricht, in der dritten und vierten Klasse sogar jeweils drei Stunden die Woche. Das Ganze dann jetzt 13 Jahre lang jeweils 36 Wochen das Jahr, da kommen wir am Ende auf 1008 Schulstunden Religionsunterricht, das sind grob 31 volle Tage. Allerdings werden in dieser wirklich langen Zeit gewisse Themen einfach außen vorgelassen. Natürlich kann man von keinem Grundschüler erwarten, sich kritisch mit der katholischen Kirche auseinanderzusetzten, jedoch spätestens zur Mittelstufe, wenn ein Großteil der Jugendlichen vor der Entscheidung steht, ob sie sich firmen lassen wollen, muss auch ein Blick auf die Schattenseite dieser Vereinigung geworfen werden. Aber in den bayerischen Lehrplänen werden gewisse Themen wie die Verstrickungen der Vatikanbank oder der sexuelle Missbrauch, der wohl größte Skandal rund um die Kirche, nicht einmal mehr angeschnitten, geschweige denn aktuelle Themen, wie der Skandal um den Kölner Erzbischof Rainer-Maria Woelki. Gerade der sexuelle Missbrauch, der mittlerweile einfach ein trauriger Teil in der Geschichte der Kirche geworden ist, wird uns in der Schule einfach nicht beigebracht. Das heißt, man kann sich firmen lassen und sich somit freiwillig dazu entschließen, ein Teil der Kirche zu werden, ohne in der Schule über solche Dinge gesprochen zu haben. Die einzige Chance für uns Schüler besteht also darin, dass sich einzelne Lehrkräfte von selbst dazu entschließen, uns über diese Themen aufzuklären.  

Das ist der Grund, weswegen ich mich entschlossen habe, diese Artikelreihe zu veröffentlichen, weil ich es für wichtig erachte, dass wir über gewisse Dinge aufgeklärt werden, und das ist auch der Grund dafür, dass ich mich mit einem Anliegen an das Kultusministerium gewandt habe:  

„Sehr geehrtes Kultusministerium, 

 im Rahmen der Artikelserie „Im Namen des Herrn“ habe ich mich in der Medien-AG „Karlsshare“ des Karlsgymnasiums in Pasing das letzte Jahr intensiv mit der katholischen Kirche auseinandergesetzt. Dabei Themen wie der sexuelle Missbrauch in der Kirche oder Skandale rund um die Vatikanbank oder Rainer Maria Woelki, den Kölner Erzbischof, angeschnitten. Ziel der Serie war es meinen Mitschülern ein breiteres Bild der katholischen Kirche zu geben und über die zahlreichen Missstände aufzuklären. Dabei kam die Frage auf ob dies nicht eigentlich Aufgabe des Schulsystems sein müsste. Als ich mich informierte ob die oben angeschnittenen Themen denn Teil des Lehrplans an Gymnasien sein, habe ich heraus gefunden, dass wir leider in unseren (mindestens (Anm. d. Autors))elf Jahren katholischen Religionsunterrichts von schulischer Seite nicht darüber aufgeklärt werden. Das mag gerade im Angesicht der aktuellen Austrittszahlen schon verwunderlich sein und hat daher bei mir die Frage aufgeworfen warum das denn nicht Teil des Lehrplans ist, bzw. ob man aktuell daran interessiert ist diesen Umstand zu ändern, oder ob es weiterhin einzelne Lehrer oder Schüler bedarf um in dieser Hinsicht etwas zu verändern.  

Eine schnelle Antwort würde mich sehr freuen 

Mit freundlichen Grüßen 

Marius Menschick


Erfreulicherweise hat sich das Kultusministerium tatsächlich mit meiner Anfrage beschäftigt:  

Sehr geehrter Herr Menschick, 

vielen Dank für Ihre Anfrage, in der es darum geht, wie die Thematik des sexuellen Missbrauchs in der Katholischen Kirche im Lehrplan für Katholische Religionslehre in Bayern verankert ist. Dazu können wir Ihnen Folgendes mitteilen: 

Grundlegende Aufgabe des Religionsunterrichts ist es, religiöse Bildung und entsprechende Kompetenzen zu vermitteln. Dies soll es jungen Menschen ermöglichen, in Fragen zu Ethik, Religionen und Weltanschauungen reflektiert Stellung zu nehmen. Dazu erschließen die Schülerinnen und Schüler im Religionsunterricht einen religiösen Zugang zur Wirklichkeit, der sich durch keine andere Dimension der Welterfahrung ersetzen lässt. Die in ihrer Religion überlieferte Glaubenstradition gibt den Schülerinnen und Schülern Impulse für eine Sinnfindung in ihrer Lebensgestaltung und für die Entwicklung der Fähigkeit zur ethischen Urteilsbildung. Dabei ermutigt der Religionsunterricht die Schülerinnen und Schüler, ausgehend von ihren eigenen Lebenserfahrungen die großen Fragen des Lebens zu stellen und die Grundzüge des eigenen Gottesverständnisses in Auseinandersetzung mit anderen Weltanschauungen zu reflektieren. Damit leistet der Religionsunterricht einen zentralen Beitrag zur Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schulen, der in der Bayerischen Verfassung (BV) und im Bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) formuliert ist: Dieser Auftrag umfasst insbesondere die Ehrfurcht vor Gott, die Achtung vor religiöser Überzeugung und Würde des Menschen (Art. 131 BV; Art. 1 Abs. 1 Satz 3 BayEUG) sowie die Erziehung zur Anerkennung religiöser Werte (Art. 2 Abs. 1 BayEUG). 

Aktuelle kirchliche, religiös-philosophische und ethische Themen können dabei im Rahmen des regulären Unterrichts in allen Jahrgangsstufen angesprochen werden. Die Entscheidung darüber liegt im Ermessen der jeweiligen Lehrkraft, der man sicher auch von Seiten der Schülerinnen und Schüler entsprechende Vorschläge machen kann. Natürlich muss die Lehrkraft dabei immer auch die zeitlichen Gegebenheiten im Blick behalten. Konkrete Bezüge zu der von Ihnen angesprochenen Thematik gibt es im LehrplanPlus für das Fach Katholische Religionslehre an Gymnasien in Bayern beispielsweise in folgenden Lernbereichen in den Jahrgangsstufen 9 und 11 : Lernbereich 9.1: „Christliche Verantwortung im Alltag: Orientierung in Entscheidungsprozessen“, Lernbereich 9.3: „Freundschaft – Partnerschaft – Liebe: verantwortliche Gestaltung von menschlichen Beziehungen“ oder Lernbereich 11.1: „Zwischen Tradition und Aufbruch – Kirche im gesellschaftlichen Modernisierungsprozess“. Zudem ist es in der Qualifikationsphase der Oberstufe beispielsweise auch möglich, sich im Rahmen eines W-Seminars aus wissenschaftlicher Perspektive vertieft mit kirchlichen Entwicklungen zu befassen. 

Mit freundlichen Grüßen 

Ihr Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 


Ohne jetzt dieses Schreiben allzu stark zu interpretieren, fällt auf, dass definitiv ein Großteil meiner Fragen beantwortet wurde. Auch die Vermerke, auf die Lehrpläne am Ende des Schreibens fand ich spannend, auch wenn ich bisher (Klassenstufe 10) noch nicht so viel davon habe miterleben dürfen. Immerhin wird der Konflikt zwischen Kirche und Wissenschaft als alleiniges Thema in der Jahrgangsstufe 11 noch angesprochen, was ich aber bis zu dieser Stelle vermisse, ist die Aufklärung über den sexuellen Missbrauch in der Kirche. Dieser war bisher noch kein Thema und wird nach dem Lehrplan auch in Zukunft keins sein. Der fett gedruckte Teil zeigt, dass die Initiative von den Schülern selbst oder von den Lehrern ausgehen muss, um dieses oder andere aktuelle Themen anzusprechen, aber auch nur, wenn Zeit dafür ist.  

Ich persönlich bin der Meinung, dass gerade dieses Thema noch deutlich mehr Aufmerksamkeit verdienen würde, generell sollte der Religionsunterricht meiner Ansicht nach kritischer werden. Aber dies ist nur meine Meinung, uns würde interessieren, wie ihr dazu steht. Findet ihr, dass wir im Religionsunterricht genug darüber aufgeklärt werden? Haltet ihr es überhaupt für notwendig, etwas zu verändern? Oder ist alles gut so, wie es aktuell ist? Schreibt uns doch gerne einen Kommentar.  

Ich bedanke mich bei allen Lesern 

von Marius Menschick