Hier gibt es viel zu tun – und jeder darf mithelfen! Ein Besuch auf der Kinder- und Jugendfarm Neuaubing

Jonas Gramalla arbeitet auf der Farm als Sozialpädagoge. Wir durften ihn über seine Aufgaben und das Farmerleben befragen:

Herr Gramalla, wie viele Tiere gibt es eigentlich auf diesem Hof und welche?

Das ist ganz schön schwierig! Ich fange jetzt einfach mal an: Es gibt ein Pferd und drei Ponys, zwei Mini-Hängebauchschweine, sechs Hausschafe und sechs Ziegen – davon sind zwei deutsche Bergziegen, zwei Thüringer Waldziegen und zwei deutsche Milchziegen. Derzeit haben wir auch noch zehn Kaninchen und zehn Meerschweinchen. Und natürlich noch den Farmkater „Findus“ – ich weiß nicht, ob ihr den gesehen habt. Er ist schwarz-weiß und läuft hier frei auf dem Gelände herum und kommt und geht, wann er will…

Die Farm ist nicht sehr groß – Was sind die Vor- und Nachteile von einem kleinen Bauernhof?

Zu den Vorteilen gehört auf jeden Fall, dass man einen guten Überblick über das Gelände hat. Wenn ich aus dem Fenster meines Büros schaue, dann sehe ich fast den ganzen Hof. Ich kann dann auch gut nachsehen, ob die Besucher sich gut aufführen oder ob jemand heimlich füttert oder irgendeinen anderen Schmarrn macht.

Zu den Nachteilen gehört, dass wir zum Beispiel keine Kühe halten können. Dafür haben wir zu wenig Weidefläche, obwohl das super zu unserem Hof passen würde. Und ab und zu hätten wir auch an sich gerne mehr Platz, um zum Beispiel mit den Ziegen mal spazieren zu gehen.

Eigentlich sind wir aber kein Bauernhof, weil wir nicht wirtschaften. Das heißt, unsere Tiere müssen nichts leisten, sie werden nicht geschlachtet, müssen keine Eier legen, müssen keine Milch geben. Sie tun das nur dann, wenn die Natur das von ihnen will, z. B. wenn sie ein Junges haben.

Was halten Sie denn von Massentierhaltung?

Das finde nicht nur ich ganz schlimm – auch unsere Mitarbeiter sind klar gegen Massentierhaltung. Wir beschäftigen uns hier sehr viel mit dem Thema „Ernährung und artgerechte Tierhaltung“. Die meisten Mitarbeiter hier essen sowieso kein Fleisch und sind Vegetarier.

Womit füttern Sie Ihre Tiere?

Unsere Pferde kriegen vor allem Heu, morgens noch ein bisschen Mineralfutter und Bierhefe. Wenn sie mal ein Leckerli brauchen, weil wir zum Beispiel Medizin darin verstecken müssen, dann bekommen sie Äpfel – aber eigentlich ganz selten. Das heißt, sie kriegen recht wenig. Das liegt dann auch daran, dass unsere Pferde nicht so viel bewegt werden wie richtige Reitpferde. Das Reiten übernehmen bei uns ja die Kinder – und die müssen das Reiten erst noch lernen.

Die Schweine kriegen fast alles, was bei uns beim Essen übrig bleibt, das sind nämlich Allesfresser. Da wir vegetarisch essen, ist das kein Problem. Fleisch dürften wir den Schweinen eh nicht geben, obwohl sie das auch fressen würden.

Die Ziegen fressen eigentlich nur Blätter, Äste und Gras. Im Stall haben sie dann ein bisschen Heu. Kaninchen und Meerschweinchen kriegen Salat, im Sommer vor allem Frischfutter, das heißt, wir pflücken Löwenzahn und Sauerampfer. Und im Winter bekommen sie auch ein bisschen Stallfutter dazu, das sind gepresste Pellets aus Apfel- und Karottenschalen. Die Schafe kriegen dasselbe wie die Ziegen.

Woher bekommen Sie das Futter?

Vieles wird gespendet. Wir haben hier einige Vereine und kleine Supermärkte, die uns Sachen vorbeibringen, die sie sonst wegwerfen würden.

Bauen Sie auch selbst Gemüse an?

Ja, wir haben den Bauerngarten, in dem wir Gemüse und Obst anbauen. Allerdings reicht das natürlich nicht aus, um alle Tiere zu versorgen. Unsere Tiere fressen viel mehr, als wir anbauen können. Deswegen bauen wir vor allem für unseren „Kinder-Koch-Club“ an. An schulfreien Tagen, also in den Ferien und jeden Samstag, kochen wir mit Kindern zusammen unser Essen und dafür nehmen wir dann das selbst angebaute Gemüse.

Sie haben ja auch Ponys – kann man bei Ihnen Reitstunden nehmen?

Wir haben sogenannte Stammkinder im Alter von 6 bis 17 Jahren, die regelmäßig zur Farm kommen und bei uns Tierpflegschaften übernommen haben. Das heißt, jedes Kind hat einen festen Pflegetag, an dem es sich um sein Pflegetier kümmern muss. Zu den Aufgaben gehört zum Beispiel, für einen sauberen Stall und ein sauberes Gehege zu sorgen oder frisches Wasser und Futter zu bringen.

Zu den Pferden kann man allerdings erst wechseln, wenn man ein Jahr lang vorher ein anderes Tier gepflegt hat. Und diese Kinder lernen dann bei uns auch das Reiten. Ein öffentliches Ponyreiten haben wir nicht.

Reicht das Einkommen dieses Hofes für alle Ausgaben und auch für Ihren eigenen Bedarf?

Nein, auf keinen Fall. Wir sind ja ein gemeinnütziger Verein, der sich selbst trägt. Die Mitarbeiter sind zum Beispiel alle pädagogische Fachkräfte, also Sozialpädagogen, ehemalige Lehrer oder Erzieherinnen. Die werden vom Jugendamt bezahlt. Und dann haben wir noch einen ganz großen Teil an Spenden, mit denen wir unsere Futter- und Tierarztkosten bezahlen können. Und den Rest erwirtschaften wir entweder selbst oder durch Mitgliedsbeiträge.  Da wir auch vom Jugendamt gefördert werden, sind unsere Preise – z. B. Tierführungen oder Brotbackkurse – recht günstig. Zum Beispiel kostet eine Tierführung bei uns nur zwei Euro pro Kind.

Wann ist bei Ihnen auf dem Hof am meisten los?

Im Frühling und Sommer ist bei uns Hochsaison. Vor allem an schönen, sonnigen Samstagen sind teilweise 300 bis 400 Leute auf dem Gelände! Allerdings muss man sagen, dass es in den Schulferien oft ziemlich ruhig ist. Vor allem in den Pfingst- und Sommerferien merkt man, dass viele Kinder im Urlaub sind und auch sonst weniger Besucher kommen.

Sie arbeiten hier auf dem Hof als Sozialpädagoge – wie sind Sie dazu gekommen?

Sozialpädagogik habe ich studiert, weil meine Mama das auch schon gemacht hat. Als Kind habe ich nach der Schule oft bei ihr in der Arbeit gewartet, bis wir nach Hause gefahren sind. Das fand ich damals schon sehr spannend, denn Sozialpädagogen können ja in ganz verschiedenen Bereichen arbeiten.

Hier auf dem Hof bin ich gelandet, weil ich wieder zurück aufs Land wollte. Ursprünglich komme ich aus dem bayerischen Wald, studiert habe ich aber in München. Nach dem Studium habe ich die Stelle hier gesehen. So habe ich die Natur und die Tiere, kann aber abends auch in der Stadt sein.

Mögen Sie Ihren Beruf, und wenn ja, warum?

Ich mag meinen Beruf sehr gern, weil man so viele verschiedene Sachen machen kann. Ich arbeite mit Kindern und Jugendlichen, aber auch mit Erwachsenen und natürlich mit den Tieren – die Aufgaben sind ganz unterschiedlich. Mal bin ich im Büro, mal muss ich den Ziegen die Klauen schneiden. Diese völlig unterschiedlichen Aufgaben gefallen mir sehr gut.

Vielen Dank für das Interview!

Madita und Lélia