Eine Aktivisten-Gruppe kämpft gegen Rassismus

Um diese schwierige Situation noch einmal aus anderer Perspektive zu betrachten, habe ich die 14-jährige Jessica Onuigwe, die in Deutschland geboren ist, deren Familie aber ursprünglich aus Nigeria kommt, in einem Interview nach ihrer Sichtweise zu diesem Thema befragt.

I.: Kannst du in eigenen Worten noch einmal kurz zusammenfassen, was das Problem in den USA gerade ist, bzw. welche Situation dort herrscht?

J.: „Es wurden, und werden  mehrere Afroamerikaner ohne wirklichen Grund von der Polizei brutal umgebracht. Die letzte Story z.B. war, dass ein Polizist einen dunkelhäutigen Mann im Auto erschossen hat. Der hat ihn angehalten und nach seinem Führerschein gefragt. Und als der Mann danach gesucht hat, hat der Polizist angeblich gedacht, dass er eine Pistole rausholt und hat ihn sofort vor den Augen seiner Freundin und seiner Tochter erschossen. Da gab es dann natürlich voll die Unruhe und Proteste, dass die Polizisten rassistisch sind.“

I.: Wie fühlst du dich, wenn du von solchen Tötungen als dunkelhäutige Person hörst? Wie reagierst du da?

J.: „Ich weiß nicht, ich reagiere da nicht so heftig. Ich glaube das hat eher etwas mit dem Waffenproblem in den USA zu tun, dass jeder eine Pistole haben kann. Dadurch werden die Polizisten verunsichert und reagieren dann zu voreilig, weil es ja theoretisch schon sein könnte, dass die Person eine Waffe hat. Aber ich bin dann irgendwie auch wütend, weil das schon so oft passiert ist. Und ein bisschen traurig.“

I.: Du kennst ja bestimmt die Bewegung #blacklivesmatter. Was hältst du davon?

J.: „Eigentlich finde ich, dass man insgesamt alle Menschen achten sollte. Also, dass es nicht etwas Anderes ist, wenn ein Polizist einen weißen Mann erschießt. Aber in dem Fall ist es schon wichtig, dass man sich besonders für die dunkelhäutigen Menschen einsetzt, weil dort gerade das größere Problem besteht.“

I.: Was denkst du, wäre die Lösung zum Problem in Amerika?

J.: „Auf jeden Fall müsste man das Waffengesetz verstärken, damit man nur mit einer Lizenz eine Pistole haben darf. Es sind ja deswegen schon etliche schlimme Sachen passiert. Und die Polizisten müssen härtere Strafen bekommen, wenn sich herausstellt, dass sie jemanden zu Unrecht getötet haben.“

I.: Hast du auch schon in Deutschland ähnliche Probleme oder Ungerechtigkeiten miterlebt, oder fühlst du dich wegen deiner Hautfarbe diskriminiert?

J.: „Also ich habe jetzt nicht so viele Probleme hier wegen meiner Hautfarbe…“

I.: Aber wenn du sagst nicht so viele, dann schon einige?

J.: „Meistens spürt man Vorurteile. Dass Leute denken ich bin irgendwie dümmer, weil ich schwarz bin, spüre ich schon manchmal. Dann sagen das die Leute nicht so direkt, sondern wundern sich, dass ich aufs Gymnasium gehe. Es passiert so subtil. Aber es passieren z.B. auch positive Sachen. Man denkt ja eigentlich, dass ältere Menschen eher konservativ und ein bisschen rassistisch sind, aber ich erlebe oft, dass solche Leute sich freuen, wenn ich ihnen sage, dass ich aus Nigeria kommen und hier auf die Schule gehe und so weiter.“

I.: Wie gehst du vor, wenn dich jemand wegen deiner Hautfarbe beleidigt oder dumm anmacht? Wehrst du dich dagegen oder ignorierst du es eher?

J.: „Ich wehre mich dagegen, weil Beleidigen eigentlich generell davon zeugt, dass das eine schlechte Person ist und es nichts mit mir zu tun hat. Wenn ich spezifisch wegen meiner Hautfarbe beleidigt werde, denke ich mir halt nur, dass das irgendwie total unmodern ist. Das konnte man vielleicht im 19./20. Jahrhundert machen, aber heute ist das nicht mehr so und es ist einfach nur erbärmlich so etwas zu sagen. Wenn es auf meine Person bezogen ist, dann ignorier ich das halt, weil es mich eh nicht kümmert.“

I.: Was wünschst du dir für die Zukunft, besonders im Hinblick auf die Unruhen und Proteste, die derzeit herrschen?

J.: Ich wünsche mir und hoffe einfach, dass alle gleich gesehen werden. Naja, eigentlich ist es gar nicht so einfach, dass alle Menschen gleich gesehen werden, weil jeder Mensch dann doch wieder anders ist und jeder andere Träume und Hoffnungen hat. Aber ich wünsche mir, dass akzeptiert wird, dass jede Person eben anders ist. Und dass jeder das machen darf, was er will, und so leben darf, wie er möchte, solange er die Existenz von keinem Anderen verletzt.

Danke für das Interview!

Stefania Plougarli