Juden leben seit mehr als 1.700 Jahren in den Ländern und Regionen Mitteleuropas. Im 18. Jahrhundert lässt sich für die bayerischen Juden festhalten: Sie waren in Bayern geduldet, aber nicht willkommen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war daher die sogenannte bürgerliche Verbesserung der Juden ein wesentliches innerjüdisches, aber auch staatliches Ziel der Politik. In einem ersten Schritt erließ 1813 der bayerische Minister Montgelas das Edikt über die Verhältnisse der jüdischen Glaubensgenossen im Königreich Bayern. Dadurch wurde es Juden möglich selbst Grundbesitz zu erwerben und sie wurden bürgerrechtlich annähernd den Christen gleichgestellt.
Jedoch regelte der „Matrikelparagraph“ des Edikts die Erfassung wohnberechtigter Juden mit einem Schutzbrief in Listen. Für jeden Ort war eine Höchstzahl jüdischer Familien festgelegt, die möglichst noch gesenkt werden sollte. Durch diese Regelung wollte man die Freizügigkeit erneut einschränken. Die Bemühungen um rechtliche Gleichstellung, bürgerliche Anerkennung und Emanzipation zeigten besonders nach 1848 Erfolge. 1861 wurde der Matrikelparagraph aufgehoben. Die staatsbürgerliche Gleichberechtigung wurde durch die Reichsverfassung von 1871 erreicht. Bis etwa 1870 kann man „nur“ von einer Judenfeindschaft in der deutschen beziehungsweise bayerischen Bevölkerung sprechen – klassischen Antijudaismus –, basierend auf religiösen Abgrenzungen und Verleumdungen. Später wandelte sich jener Antijudaismus zu einem rassistischen Antisemitismus, der Anklang in der Bevölkerung fand. Ab dem Ende des 19. Jahrhunderts entwickelten sich innerjüdisch verschiedene Reaktionen auf die zunehmenden Anfeindungen. Eine wichtige Bewegung war die zionistische. Ihr Ziel war es, ein eigenes Territorium fü einen jüdischen Staat in „Eretz Israel“ zu schaffen und dadurch Sicherheit zu erlangen. Im 19. Jahrhundert kam es zudem zu Auseinandersetzungen zwischen reformorientierten (gegenüber der Assimilation offenen) und orthodoxen Mitgliedern jüdischer Gemeinden.
Die Zeit ab der Jahrhundertwende war eine Schlüsselphase der jüdischen Geschichte in Bayern: Sie kann zunächst als „Blütezeit“ bezeichnet werden. Zahlreiche Juden bereicherten die bayerische Kultur, die Wissenschaft und die Wirtschaft. Dies konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass nach wie vor Ressentiments vorhanden waren. Die auch in Bayern durchgeführte Judenzählung im Ersten Weltkrieg, die als Nachweis für die Drückebergerei der jüdischen Deutschen gedacht war, bestätigte vor allem eines: dass viele Juden sich als bayerische und deutsche Patrioten sahen. Es blieb ein fragiler Zusammenhalt: 1920 wurde in Nürnberg der „Verband Bayerischer Israelitischer Gemeinden“ gegründet, ein wichtiges Zeichen für die gesellschaftliche Teilhabe, gleichzeitig erhielten rechte Organisationen, die offen gegen Juden polemisierten, immer mehr Zulauf. Die politischen Probleme und wirtschaftlichen und sozialen Krisen der 1920er-Jahre führten zu Rückschritten bei der Integration der Juden in Bayern. Aufgrund dessen bauten viele jüdische Gemeinden eigene Strukturen und Institutionen auf. Doch ihre Anstrengungen um gesellschaftliche Anerkennung, Akzeptanz und Respekt wurden schon vor 1933 durch ein zunehmendes Klima der Intoleranz und Diskriminierung zunichte gemacht.
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